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Weniger soll mehr sein. Im Görlitzer Park setzt die Politik in Zukunft auf seltenere Kontrollen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berlin Kreuzberg: Rot-Rot-Grün beendet Nulltoleranz-Politik im Görli

Die Berliner Regierung will den Besitz kleiner Mengen Cannabis im Görlitzer Park nicht mehr verfolgen. Der CDU passt das nicht.

Im Görlitzer Park soll der Handel und Konsum von Cannabis wieder entspannter ablaufen. Besucher des Kreuzberger Parks, die mit weniger als 15 Gramm Cannabis erwischt werden, müssen bald keine Strafverfolgung mehr befürchten. Das bedeutet ein Ende der umstrittenen „Null-Toleranz-Politik“, die seit April 2015 gegolten hatte.

„Die Strategie, mit ganz vielen Kräften gezielt an einen Ort zu gehen, hat zu einer Verdrängung geführt. Dann wurde eben nicht mehr am Görlitzer Park gedealt, sondern woanders“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD). Zusammen mit der Senatsverwaltung für Justiz von Dirk Behrendt (Grüne) arbeiten die Mitarbeiter seiner Verwaltung derzeit daran, eine alte Verwaltungsvereinbarung des schwarz-roten Senats wieder aufzuheben. „Wir gehen das zügig an“, kündigte Martin Pallgen, Sprecher der Innenverwaltung, an. In einigen Wochen soll die alte Handhabung wieder gelten. Rechtlich wird der Park also wieder dem Rest der Stadt angepasst.

CDU fordert stattdessen mehr Härte

Für Konsumenten ändert sich dadurch aber letztlich nicht viel. Wer mit Cannabis von der Polizei aufgegriffen wird, muss auch künftig mit einer Anzeige rechnen und seinen Stoff abgeben. Lediglich eine Strafverfolgung soll es beim Fund geringer Mengen nicht mehr geben. Experten erwarten aber auch, dass die Polizisten wieder mehr Ermessensspielraum haben. Allein im Jahr 2015 hatte die Polizei im Görlitzer Park in 4081 Fällen Freiheitsbeschränkungen durchgesetzt und weiteren 606 Menschen die Freiheit – zumindest kurzzeitig – ganz entzogen.

Wie lange wollen wir denn noch Steuergelder an dieses politische Vorgehen verschwenden, bevor man endlich anerkennt, dass man der Drogenproblematik ordungspolitisch nicht beikommen wird. Die Polizei wird dort gebraucht, wo sie effektiv einen Unterschied machen kann.

schreibt NutzerIn diskutant999

Der Innenexperten der Berliner CDU, Burkard Dregger, reagierte mit Kritik auf den angekündigten Politikwechsel. „Das ist eine Kapitulation vor dem Unrecht“, sagte er. Dregger fordert stattdessen eine Politik, die Drogendealern „mit Härte begegnet“. Er plädiert außerdem für einen verstärkten Einsatz von Videotechnik, um die bekannten Brennpunkte des Drogenhandels intensiv zu überwachen. Er lobte das Null-Toleranz-Konzept, das die damaligen CDU-Senatoren Frank Henkel (Inneres) und Thomas Heilmann (Justiz) durchgesetzt hatten. „Der Drogenhandel wurde weitgehend aus dem Parkbereich verdrängt und somit den Anwohnern dieses Naherholungsareal und den Kindern der Spielbereich zurückgegeben.“

Polizei will trotzdem präsent bleiben

Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht man die Sache ganz anders. „Generell ist der Kurswechsel nicht schön, aber die Null-Toleranz-Zone hat einfach überhaupt nicht funktioniert“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Es habe sich in den vergangenen zwei Jahren schlicht nichts an der Situation im Park verändert. „Im Görlitzer Park gibt es immer noch überall Dealer und Drogen.“ Für Jendro liegt das aber nicht am Konzept per se, sondern am Personalmangel. „Das ist ein Kampf gegen Windmühlen, bei dem die Kollegen verheizt wurden“, sagt Jendro und berichtet von Dealern, die mit geringen Drogenmengen erwischt und schnell wieder frei gelassen wurden. „Die haben große versteckte Drogendepots, die man im Zweifel niemandem zuordnen kann“, so Jendro. Ob sich das durch die neue Anordnung verändert, bezweifelt er.

Geschädigte gibt es bei diesen Drogen genug. Allein die Menschen, die diesen Park aufgrund der Drogenproblematik nicht mehr nutzen, rechtfertigen den Einsatz der Polizei.

schreibt NutzerIn db0815

Martin Pallgen ist da zuversichtlicher: „Drogendealer sollten nicht glauben, dass sie jetzt unbehelligt handeln können.“ Die Polizei bleibe weiterhin im Görlitzer Park präsent, nur Frequenz und Menge der Einsätze würden abnehmen. Das ist allerdings bereits schon während der Null-Toleranz-Phase passiert. Laut Berliner Polizei waren Beamten 2015 noch bei insgesamt 58 112 Einsatzstunden im Park, im vergangenen Jahr 2016 waren es bereits nur noch 33 649 Stunden.

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