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Die Ruine des ehemaligen Ausflugslokals "Riviera" in der Grünauer Regattastraße.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin-Treptow-Köpenick: Die Zukunft des "Riviera" ist ungewiss

Es gibt Streit um eine geplante Seniorenwohnanlage in Grünau: Rettung oder Ruin für zwei historische Ausflugsgaststätten?

Die geplante Seniorenwohnanlage auf dem Areal der historischen Ausflugsgaststätten Riviera und Gesellschaftshaus in Grünau stiftet weiter Unruhe in der beschaulichen Vorortsiedlung am Langen See. Bei einer Bürgerversammlung vergangene Woche prallten die Positionen von Befürwortern und Gegnern des Bauprojekts hart aufeinander. Die Terragon möchte 190 komfortable Wohnungen mit Hotelservice für ältere Menschen zwischen den denkmalgeschützten Gaststätten aus dem 19. Jahrhundert bauen.

Die seit 27 Jahren leer stehenden Häuser, großteils nur noch Ruinen, werden dafür teilweise wiederhergestellt und in das Projekt integriert, teils abgerissen. Die Terragon tritt als Retter der einst berühmten Ballsäle und Restaurants mit Dekor aus der Kaiserzeit auf, die Grünauer Vereine sehen in dem Bauprojekt eher die endgültige Zerstörung der alten Bausubstanz.

Der Ortsverein Grünau prüft jetzt eine Klage gegen den Bauvorbescheid. In dem Bescheid sei die denkmalrechtliche Prüfung nicht ausreichend erfolgt, erklärt Nils-R. Schultze von der AG Ortsgestaltung. Außerdem sei das Projekt nach Paragraf 34 Baugesetzbuch genehmigt worden, obwohl es der ortsüblichen Bebauung widerspreche. Die geplanten fünfgeschossigen Gebäude seien in Grünau untypisch. Auch der ehemalige Landeskonservator Helmut Engel sagte, das Projekt müsse stark überarbeitet werden, sonst gehe der Charakter Grünaus als Kolonistensiedlung, der „Genius loci“, verloren.

Das Gelände verfällt seit Jahren

Das rund 14 000 Quadratmeter große Gelände, in dem sich früher mehrere 1000 Ausflügler ihr Wochenende vertrieben, war 2006 von der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft an die türkische Familie E. verkauft worden, für knapp 700 000 Euro. E. hatte Pläne für ein Kongresshotel und eine Wiederbelebung der Gaststätten vorgelegt, aber die Projekte nie ernsthaft verfolgt.

Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) gestand zu, der Bezirk habe sich von E. „jahrelang hinhalten“ lassen, während die Denkmäler weiter verfielen. Erst 2014 gab es eine „Ersatzvornahme“ – der Bezirk ließ die Decke im Riviera-Saal abstützen und stellte die Kosten dem Eigentümer in Rechnung. Der wehrte sich gegen die Anordnung vor Gericht – der Bezirk blieb auf den Kosten sitzen.

Im vergangenen Februar erfolgte dann der überraschende Verkauf – nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist – an die Terragon. Der Kaufpreis betrug zwischen zehn und 15 Millionen Euro, „das Dreifache des Verkehrswertes“, sagt Schultze. Zuvor hatte die Terragon nach Auskunft ihres Chefs, Michael Held, acht Monate lang mit dem Bezirk über die Konditionen und Proportionen des Bauprojekts verhandelt. Die Gespräche blieben geheim, viele Grünauer fühlen sich deswegen übergangen und verschaukelt.

Eine Wohnung ab 2500 Euro

Die Gärten der Gaststätten sollen bis auf einen Uferstreifen und einen Verbindungsweg zur Regattastraße überbaut werden, das Gesellschaftshaus wird aufgestockt und ebenfalls zu Wohnungen umgebaut, erhalten bleibt nur die äußere Hülle. Der Riviera-Saal soll denkmalgerecht saniert werden und für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Das Programm bestimmt der künftige Betreiber der Anlage, die Agaplesion Bethanien Diakonie, die auch das Sophienhaus in Steglitz und die Havelgärten in Spandau betreibt.

Christian Lust von Agaplesion gab den Grünauern einen Vorgeschmack: „Veranstaltungen der Angehörigen-Akademie, Lesungen, Vorträge.“ Rauschende Feste wie in der Vergangenheit wird es nicht mehr geben. 2500 Euro Monatsmiete soll eine Wohnung kosten, da möchten die Bewohner keinen Partylärm hören. Ein Restaurant ist geplant, für die Senioren, aber auch für externe Gäste. Ob es auch einen Anlegesteg mit Cafébetrieb am Wasser geben wird, ist offen. Da sei die Genehmigungslage schwierig, sagte Held. Der Bauantrag soll im Herbst gestellt werden. Das Potsdamer Architekturbüro van Geisten Marfels kümmert sich um Sanierung und Umbau der Denkmäler, die Neubauten sind dem Berliner Büro von Tchoban-Voss anvertraut worden.

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