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Omer Lichtenstein kam als Musiker nach Berlin und wurde hier zum Gastgeber mit Faible für orientalische Klänge.

© Mike Wolff

Arabische Partyreihe in Berlin: Yalla auf dem Dancefloor

Der Israeli Omer Lichtenstein organisiert in Kreuzberg arabische Partys. Ein Gespräch über Kunst, Heimat und darüber, wie Tanzen alle zusammenbringt.

Seit fünf Jahren lebt er in Berlin, 2016 startete er die Partyreihe „Achtung://Hafla!“: Der Israeli Omer Lichtenstein ist Musiker, Gastgeber und Kulturbotschafter in einer Zeit, in der das diplomatische Verhältnis zwischen Israels Staatschef Benjamin Netanjahu und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) angespannt ist und jüdische Kinder in Berliner Schulen antisemitisch angegriffen werden.

Israelische Wurzeln, arabische Klänge und westlicher Pop – das ist das Leben des 34-Jährigen.

Omer, Sie sind ein israelischer Musiker und organisieren arabische Partys. Wie passt das zusammen?

Die Tradition der Hafla, des gemeinsamen Feierns, gibt es auch in Israel und arabischer Musik fühlte ich mich schon immer sehr nahe. Als Kind habe ich die Oud, ein klassisches arabisches Zupfinstrument, gelernt. In Deutschland war ich dann eigentlich hauptsächlich Pop- und Rockmusiker mit meiner Band Felidae. Dann bin ich einmal als Gastsänger mit einer griechisch-türkischen Musikgruppe aufgetreten, und habe die arabischen Elemente total gemocht. So kam ich auf die Idee, Musik aus dem arabischen Raum und Partykultur zusammenzubringen. Das ist meine Hafla.

Und was passiert da?

Es wird wahnsinnig viel getanzt, denn zwischen den Acts gibt es keine Pausen. Wenn auf einer ägyptischen Hochzeit für einen Moment die Musik aussetzt oder nicht genügend Essen da ist, fliegen Eier. Wichtig ist auch: Es geht nicht um die Künstler, als Sänger ist man quasi Hafla-Sklave. Einmal, auf einer israelischen Hafla, hat mich eine ältere Frau von der Bühne gezogen und mich auf dem Tisch singen lassen. Da konnte ich nicht sagen: „Nein, lass das, das ist meine Kunst.“

Ist es also eine Art endlose Jam-Session?

Nein, überhaupt nicht! Man muss etwas Gutes liefern, wenn jemand schlecht vorbereitet auf der Bühne stehen würde, wäre das noch schlimmer als Stille. Die Musik bei einer Hafla ist durchaus anspruchsvoll, denn arabische Musik hat oft komplizierte Rhythmen, ungewöhnliche Tonarten, Dreivierteltöne, das kann man nicht einfach so dahinspielen.

Was für Musik wird auf Ihrer Hafla gespielt?

Generell wird auf Haflas meistens eine Mischung aus Live und Playback gespielt. Ich singe und habe einen Synthesizer dabei. Die Lieder sind oft Cover, entweder von anderen Hafla-Sängern wie Omar Souleyman oder aber Versionen englischer und deutscher Songs mit arabischem Touch, zum Beispiel „From me to you“ von den Beatles oder „Das Model“ von Kraftwerk.

Eine ziemlich ungewöhnliche Auswahl.

Die Beatles haben meine Kindheit begleitet, ich habe ihre Musik gegessen und getrunken, wenn man so will. Und unsere Hafla ist keine Party, die irgendwelchen Orient-Klischees entsprechen soll. Mit meiner Band Felidae mache ich zwar eher Rockmusik, baue aber auch Elemente arabischer Musik ein und in unserer neuen Single „At the Backyard“ singe ich tatsächlich ein paar Zeilen auf Deutsch. Es geht um Immigration und die Frage, was zu Hause sein bedeutet.

Sie wohnen schon seit mehr als fünf Jahren in Berlin. Wie zu Hause fühlen Sie sich hier?

Deutsche und jüdische Kultur ist für mich eng verbunden. Aber meine Tochter würde ich trotzdem gerne in Israel aufwachsen sehen. Nicht nur wegen der Familie, auch wegen des Essens, des Wetters, der menschlichen Wärme und weil alles irgendwie lockerer läuft – was man auf dem Herzen hat, spricht man aus.

Und bei den Hafla-Partys kommt alles zusammen?

Klar, beim Tanzen macht man keinen Unterschied mehr. Aber ich sehe uns nicht als politische Initiative, wir haben die Hafla auch bewusst nicht als „Refugees Welcome“-Veranstaltung organisiert. Jeder ist willkommen und allein das Konzept zeigt ja: Hier wird’s multikulturell.

Die „Achtung:// Hafla!“-Party findet wieder am Sonntag, dem 30. April 2017, 16-23 Uhr, statt. Birgit & Bier, Schleusenufer 3, Kreuzberg. Eintritt 5 Euro.

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