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Das ehemalige Kasernengelände in Potsdam-Krampnitz.

© picture alliance / ZB

Kaserne in Potsdam-Krampnitz kurz vor Berlin: 4000 Menschen ziehen her - die Fledermäuse sind längst da

Seit Jahren stehen die Kasernen in Krampnitz leer. Unbewohnt sind sie nicht – seltene Fledermäuse leben hier. Das bringt Probleme.

Von Peer Straube

In ein paar Jahren sollen dort einmal 4000 Menschen wohnen, noch aber ist das Krampnitzer Kasernengelände nahe der Berliner Stadtgrenze eine Ruinenlandschaft – und ein Naturparadies. Vor allem Fledermäuse haben das rund 120 Hektar große Areal für sich entdeckt. Es ist mittlerweile eines der bedeutendsten Siedlungsgebiete in ganz Brandenburg, in dem 11 von 18 landesweit vorkommen. In den Kellern, auf Dachböden und anderen Gewölben haben sich es von der Wasserfledermaus über den Abendsegler bis zum Großes Mausohr zahlreiche Tiere eingerichtet. Die erstaunliche Vielfalt – in ganz Deutschland gibt es nur 25 Arten – versetzt Naturschützer in Verzückung.

Vor allem die Existenz des Großen Mausohrs freut die Experten. „Das ist eine der seltensten und am strengsten geschützten Arten überhaupt“, sagt Christiane Schröder, Landesgeschäftsführerin und Fledermausexpertin des Naturschutzbundes Brandenburg (Nabu). Etwa 30 Tiere leben dort in einem alten Kellergewölbe. „Für Potsdam ist das ein richtiges Highlight“, sagt Schröder.

Laut Thomas Frey vom Landesumweltamt bietet Krampnitz eine „hervorragende Naturausstattung“: Es gebe alte Baumbestände, viel Wildwuchs, der reich an Insekten – der Nahrung der Säuger – ist, den Krampnitzsee und nicht zuletzt die riesige Döberitzer Heide in unmittelbarer Nachbarschaft. Insgesamt leben auf dem Areal etwa 200 Fledermäuse – in Winter- und in Sommerquartieren.

Prüfungen noch nicht abgeschlossen

Was Natur- und Umweltschützer begeistert, erschwert aber die Entwicklung des Gebietes zum Wohnstandort. Da alle Fledermausarten streng geschützt sind, müssen für sie standortnah Ersatzquartiere gefunden, im Falle des Großen Mausohrs möglicherweise gar ein Verbleib an Ort und Stelle gesichert werden. Für alle Fledermauspopulationen würden in Abstimmung mit Biologen Sicherungsmaßnahmen ergriffen, sagt Anna Winkler, die Sprecherin des Entwicklungsträgers Krampnitz, der zur kommunalen Bauholding Pro Potsdam gehört.

Einen konkreten Fahrplan dafür gebe es noch nicht, dieser werde erst erarbeitet, wenn die Entwicklungsmaßnahme beginne. Der Zeitpunkt dafür ist allerdings unklar und hängt im Wesentlichen vom Ausgang der anhängigen Gerichtsverfahren ab – unter anderem klagen mehrere Grundstückseigentümer gegen die geplante Bebauung ihrer Flächen. Zudem führt die Pro Potsdam aktuell Vergleichsverhandlungen mit den umstrittenen Käufern der Flächen, auf denen die denkmalgeschützten Kasernen stehen, der privaten TG Potsdam-Gesellschaft. Dabei geht es unter anderem um einen neuen städtebaulichen Vertrag für das Gebiet und um mögliche gemeinsame Investitionen. Bis zum Abschluss dieser Verhandlungen liegen die Gerichtsverfahren auf Eis.

Eine Verzögerung der Entwicklung wegen der Fledermäuse sei derzeit aber kaum zu befürchten, Pro Potsdam-Sprecherin Winkler. Das gelte auch für die anderen geschützten Tierarten, die bislang auf dem Kasernenareal entdeckt wurden. Dazu zählen beispielsweise die Zauneidechse und der Eichenbock-Käfer.

Die Prüfungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Das Gelände werde noch nach weiteren seltenen Amphibien, Vögeln, Reptilien und Insekten abgesucht. Mit wie viel Geld der Artenschutz bei der Entwicklung des Gebiets zu Buche schlägt, ist noch unklar. Die Kosten stünden erst nach Abschluss des Verfahren fest, sagt Winkler.

Artenvielfalt wird wohl nicht erhalten

Dass sich die Artenvielfalt in Krampnitz nach dem Umbau zum Wohnquartier erhalten lässt, wird von Umweltexperten allerdings bezweifelt. Durch die Sanierung der Häuser und die Gestaltung des Umfelds gehe ein Großteil der Unterkünfte und Jagdreviere der Fledermäuse verloren, befürchtet Nabu-Expertin Schröder.

Die Erfahrung zeige, dass Ausweichquartiere von den Tieren nur sehr zögerlich angenommen würden. Als Beispiel nannte sie den Kaiserbahnhof. Vor dessen Sanierung hätten dort mehrere Hundert Fledermäuse gelebt. Im Ausweichquartier seien es anfangs lediglich 20 bis 30 gewesen – und es waren auch nicht dieselben, wie durch Beringung der Tiere nachgewiesen werden konnte.

Im Landesumweltamt beurteilt man die Aussichten nicht ganz so pessimistisch. Dass Bauarbeiten und Fledermausschutz in Einklang zu bringen seien, habe Potsdam schon an prominenten Orten bewiesen, sagte Behördensprecher Frey. Er verwies auf das Beispiel des Internats- Hochhauses der Jahn-Sportschule am Luftschiffhafen. Dort sei so behutsam saniert worden, dass rund 3000 Große Abendsegler ihr angestammtes Winterquartier behalten konnten.

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