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Der Gastprediger Sheikh Abdel Moez al Eila in der Neuköllner Al-Nur-Moschee

© / Memri TV

Update

Al-Nur-Moschee in Berlin-Neukölln: Nach Hassrede: Imam darf nicht mehr predigen

Ein Gast der Al-Nur-Moschee in Neukölln hat herabwürdigend über Frauen gepredigt. Nun soll der Ägypter dort nicht mehr reden dürfen. Eine Islamexpertin findet die As-Sahaba-Moschee in Wedding viel bedrohlicher: Dort sympathisierten Gläubige mit dem IS.

Die bei Salafisten beliebte Berliner Al-Nur-Moschee hat nach der frauenfeindlichen Predigt eines ägyptischen Imams offenbar erste Konsequenzen gezogen. Wie der Vorstand der Moschee, Izzeldin Hammad, am Mittwoch in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage sagte, wird der in der Kritik stehende Imam Abdel Meoz al Eila keine weiteren Predigten halten.

Der aus Ägypten stammende Gastprediger Sheikh Abdel Moez al Eila hatte am 23. Januar in einer Predigt in der Neuköllner Moschee gesagt, eine Frau dürfe sich dem Sex mit ihrem Mann nie verweigern, ansonsten würde sie von den Engeln verflucht. Sie dürfe auch nicht ohne Erlaubnis des Mannes das Haus verlassen oder einen Beruf ausüben.

Innensenator Frank Henkel hatte die Predigt als "abstoßend und eine Zumutung für jeden klar denkenden Menschen" kritisiert. Eine so finstere religiöse Ideologie, die Frauen herabwürdige, "passt nicht in unsere Gesellschaft." Die islamischen Gemeinden dürften die Predigt nicht stillschweigend hinnehmen und müssten ihre "Selbstreinigungskräfte" beweisen, teilte der Senator am Dienstag mit.

Drei Anzeigen gegen den Imam

Unterdessen stellte der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) Strafanzeige gegen den Prediger wegen des Verdachts der Beleidigung, der Volksverhetzung und der öffentlichen Aufforderung zur Gewalt. "Bei diesen Aussagen handelt es sich um eine alle Frauen herabwürdigende finstere Ideologie, die geächtet, gestoppt und betraft werden sollte", sagte Vorstandssprecherin Ayse Demir.

Die Polizei bestätigte am Mittwoch, dass zwei weitere Anzeigen eingegangen seien - eine davon von Hakan Tas, dem sicherheitspolitischen Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. "Der Imam zeigt die Frau in seiner Predigt als reines Sexobjekt, die dem Ehemann nach Lust und Laune zu Willen sein soll", begründete Tas die Anzeige. Tas hatte schon im Sommer einen Gastprediger der Al-Nur-Moschee angezeigt, nachdem dieser zur Vernichtung der Juden aufgerufen hatte.

Islamexpertin: Al-Nur-Moschee ist offen - aber das ist auch ihre Schwäche

"Die Predigt ist von einer frauenverachtenden Grundhaltung geprägt. Mir ist unverständlich, dass die Moscheegemeinde das Video der Predigt online stellt, wenn sie die Inhalte nicht teilen", ordnete Riem Spielhaus vom Zentrum für Islam und Recht der Universität Erlangen-Nürnberg den Fall ein. "Sie müssten eigentlich absehen können, dass das für Aufregung sorgt."

Die Islamwissenschaftlerin wird im Sommer eine aktuelle Studie über Berlins Moscheen herausgeben - und findet es erheblich bedrohlicher, wenn in einer anderen Moschee Sympathie für den Islamischen Staat geäußert wird. In der Al-Nur-Moschee hingegen gebe es "eine große Vielfalt von Meinungen – wobei ihre Offenheit es immer wieder mit sich bringt, dass auch Wanderprediger wie dieser auftreten."

Der Eingang der Al-Nur-Moschee in Neukölln
Erneute Aufregung um die Al-Nur-Moschee in der Haberstraße: Wieder hält ein Gastprediger in eine umstrittene Predigt. In der Vergangenheit wurde Judenhass propagiert, dieses Mal wurde gegen Frauen gehetzt.

© dpa

Innenverwaltung erwägt Verbot des Moscheevereins

Die Neuköllner Gemeindeleitung schein kein Problem mit der Aussage der kritisierten Predigt zu haben. Die Video-Mitschnitte, auch von früheren Predigten Al-Eilas aus dem Januar, waren am Dienstagabend weiterhin über die Website des Moscheevereins und online auch über das Forschungsinstitut "Memri" abrufbar.

In der RBB-Abendschau sagte ein Moschee-Vertreter, der Prediger sei missverstanden worden. Er habe Tipps für eine Ehe ohne Probleme geben wollen, es sei keine Hasspredigt gegen Frauen gewesen. Staatssekretär Bernd Krömer, zuständig für Sicherheitsfragen, sagte dazu: "Diese Art des Islam gehört gewiss nicht zu Deutschland." Solche Äußerungen seien "nicht einmal in der späten Steinzeit zu verorten", geschweige denn im 21. Jahrhundert. Allerdings seien sie strafrechtlich wohl nicht zu ahnden.

Bisher war der Imam, der eigentlich noch bis Ende Februar in der Moschee predigen sollte, den Berliner Sicherheitsbehörden nicht aufgefallen. Laut Verfassungsschutz ist der Imam seit seiner Ankunft im Dezember mehrmals in der Moschee in der Haberstraße aufgetreten, die anderen Predigten hätten aber keine extremistischen Inhalt gehabt. So habe sich der Imam auch dagegen ausgesprochen, dass Berliner Muslime in den Dschihad nach Syrien ziehen.

Ein offizielles Gespräch mit dem Verein, der die Al-Nur-Moschee trägt, habe bisher nicht stattgefunden, so Krömer. Die Leitung der Gemeinde stehe aber in der Pflicht, einen "Selbstklärungsprozess" herbeizuführen, forderte der Staatssekretär. Sollte sich der Eindruck verdichten, dass in der Moschee verfassungsfeindliche Ziele propagiert würden, fasse die Senatsverwaltung auch ein Vereinsverbot ins Auge, kündigte der christdemokratische Staatssekretär an. Man werde ein Verbot "noch mal sehr intensiv prüfen", so Krömer.

Staatsekretär Krömer: Verbot schwer durchzusetzen

Krömer sagte aber auch, dass Vereinsverbote in Deutschland grundsätzlich schwierig durchzusetzen seien, dies müssten im Einzelfall die Justizbehörden entscheiden.

"Nur wenn dem Verein als Ganzes nachgewiesen wird, dass er extremistische Ziele verfolgt, kann er verboten werden", hieß es dazu am Mittwoch aus der Senatsinnenverwaltung. Damit eine Verbotsverfügung vor Gericht Bestand habe, müsse gezeigt werden, dass sich die Vereinsziele gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Das zu beweisen, ist selbst bei der als Salafistentreffpunkt bundesweit bekannten Al-Nur-Moschee schwierig: In der Gemeinde auch viele ganz normale Muslime aktiv.

Verfassungsschutz beobachtet Moschee seit Jahren

Die Moschee in Neukölln gilt seit langem als Anziehungspunkt für junge und radikale Salafisten. Sie wird seit 2009 vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet. Regelmäßig verursachen Gastprediger wegen fundamentalistischer Aussagen Kontroversen. So erklärten 2009 der Prediger Bilal Philips und Pierre Vogel in ihrer Predigt Homosexualität zur "Todsünde". 2014 rief der aus Dänemark stammende Abu Bilal Ismail Allah an, alle Juden zu töten. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Volksverhetzung. Auch Ex-Rapper Denis Cuspert, der mittlerweile für die Terrorgruppe "Islamischer Staat" kämpft, war regelmäßiger Besucher der Moschee, in der sich viele arabischstämmige Berliner treffen. (mit epd)

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