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Straßenschild der Lüderitzstrasse in Berlin Wedding.

© Kitty Kleist-Heinrich

Afrikanisches Viertel in Berlin: Neue Namen für drei Straßen in Wedding geplant

Im Afrikanischen Viertel in Berlin sollen koloniale Straßennamen verschwinden. Eine Jury hat jetzt Vorschläge zur Umbenennung vorgestellt.

Von Fatina Keilani

Es könnte sein, dass der Nachtigalplatz in Wedding künftig Yaa-Asantewaa-Platz heißt, die Lüderitzstraße zur Martin-Dibobe-Straße wird und die Petersallee zur Nzinga-von-Matamba-Allee. Diese drei Persönlichkeiten sind es jedenfalls, für die sich eine Jury als erste Wahl entschieden hat, um Straßen des Afrikanischen Viertels neu zu benennen. Alternativ kämen als Namensgeber Miriam Makeba, Manga Bell und Wangari Maathai in Betracht. Nun muss das Ganze noch durch die Ausschüsse und die Bezirksverordnetenversammlung.

Das Ergebnis der Jury präsentierte deren Vorsitzender, der Grünen-Politiker Bertrand Njoume, gemeinsam mit Kulturstadträtin Sabine Weißler (Grüne) am Mittwoch. „Die Aufgabe der Jury begrenzte sich auf die fachliche Bewertung von 196 Vorschlägen von Bürgern“, sagte Njoume. Zwischen dem 22. März und dem 30. Mai habe es acht Sitzungen gegeben. „Der BVV-Beschluss war dabei unsere Bibel“, sagte Njoume. Unter Beteiligung von Bürgern und Akteuren der Zivilgesellschaft sollten demnach Vorschläge zur Umbenennung für die Petersallee, die Lüderitzstraße und den Nachtigalplatz vorbereitet werden. Adolf Lüderitz und Gustav Nachtigal gelten als Kolonialisten, nun sollen Vertreter der Befreiungsbewegung geehrt werden, am besten mit Bezug zur deutschen Kolonialgeschichte.

Umbennung könnte schwierig werden

Im Fall der Petersallee könnte eine Umbenennung schwierig werden, weil der heutige Namensgeber Hans Peters ein Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten war. Vor Jahrzehnten hatte der Bezirk die ursprünglich nach Carl Peters, einem Afrikaforscher und Kolonialisten, benannte Straße dem Widerstandskämpfer gewidmet. Stadträtin Weißler sieht den guten Peters nun in schlechter Gesellschaft, kann aber nicht einfach umbenennen ohne stichhaltigen Grund. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten. „Wir wollen Hans Peters ehren und die Verquickung, in der er sich befindet, auflösen“, sagte Stadträtin Weißler. „Wir schauen jetzt in den Werkzeugkasten, welche Instrumente wir dafür haben.“

Auch im Falle Nachtigal erscheint die Umbenennung nicht als zwingend. Er war vor allem Arzt und Forscher. Die islamische Kultur Nordafrikas interessierte ihn weit mehr als der deutsche Außenhandel oder Gebietsgewinne. Nachtigal lebte Jahre in Afrika, erforschte unbekannte Gebiete und Kulturen.

Geschichte macht man nicht dadurch besser, indem man Straßennamen ändert. Vielmehr sollte den Straßennamen Erläuterungen beigefügt werden, mit denen ihr Ursprung erklärt wird.

schreibt NutzerIn alligatorix

Mit Klagen ist zu rechnen

Lüderitz wurde berühmt durch den „Meilenschwindel“, einen Betrug, durch den er erworbenes Land um ein Vielfaches vergrößerte und damit die Grundlage der Kolonie Deutsch-Südwestafrika legte. In erster Linie war er wohl eher Kaufmann als Kolonialist.

Gleichwohl können sich die Vorschläge durchaus sehen lassen. Manga Bell zum Beispiel widersetzte sich friedlich der deutschen Kolonialherrschaft. Martin Dibobe kam als Zwanzigjähriger nach Berlin, er war koloniales „Ausstellungsstück“ der Gewerbeausstellung 1896. Er blieb, machte eine Schlosserlehre, heiratete, ging zur Hochbahn und wurde Zugführer. Yaa Asantewaa führte einen Aufstand gegen die Briten an. Nzinga von Ndongo widersetzte sich den Portugiesen. Miriam Makeba wurde als Musikerin berühmt, Wangari Maathai bekam den Friedensnobelpreis.

Von den Straßenumbenennungen sind rund 3000 Weddinger betroffen, die ihre Anschrift in Ausweisen und Fahrzeugpapieren ändern lassen müssen. Das werde nicht teuer sein, sagte Weißler, da das Bürgeramt nur einen kleinen Aufkleber in den Pass klebe; es müsse auch nichts neu beantragt werden. Mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht sei trotzdem zu rechnen. Und dann sagte die Stadträtin noch: „Was die Bürger am meisten daran fürchten, sind die Wartezeiten im Bürgeramt.“

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