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An schönen Wochenenden sehen die Parks besonders schlimm aus.

© Thilo Rückeis

Abfall in Berlin: So lösen andere Städte das Müllproblem

Alle wollen Sauberkeit, tun aber zu wenig dafür. Wie halten es andere Städte? Ein Überblick.

Von Fatina Keilani

Wie lösen andere Städte das Sperrmüllproblem?

Der ewige Konkurrent Hamburg bietet ähnlich wie Berlin eine Sperrmüllabfuhr auf Bestellung; allerdings scheint die Hamburger Variante etwas besser organisiert. Auf der Internetseite wird eingegeben, was abzuholen ist, dort erscheint dann auch gleich der Preis, den das kosten wird. Eine Probeberechnung zeigt: eine Anrichte, eine Couch und eine Matratze aus der Wohnung im vierten Stock sowie zwei Bettgestelle aus dem Keller abzuholen, würde 35 Euro kosten.

In Berlin fallen dafür 50 Euro an, und es dauert theoretisch vier bis sechs Wochen, bis die Müllabfuhr kommt. Online lässt sich ein Zeitfenster buchen; im Rahmen des Versuchs wäre der Montag in gut zwei Wochen in der Zeit von 13 bis 19 Uhr möglich gewesen – also letztlich doch schneller als vier Wochen. Kostendeckend sind beide Angebote nicht. Beide bieten gegen Aufpreis eine Express-Abfuhr. In vielen kleineren Städten, zum Beispiel Lüneburg, wird der Sperrmüll regulär vom städtischen Entsorger abgeholt. Bürger stellen ihre sperrigen Güter dann pünktlich zum Termin an die Straße; die Abholung kostet sie dann nichts.

Wie hat sich das Aufkommen des Sperrmülls entwickelt?

Seit die Bezirke ab August 2015 ihr Anliegenmanagementsystem „Ordnungsamt Online“ gestartet haben, ist die Zahl der Meldungen massiv gestiegen. Allerdings sind die Zahlen nicht richtig vergleichbar, weil die Zahl von 2015 kein ganzes Kalenderjahr abbildet. Besonders krass ist es in Neukölln, wo im Jahr 2015 insgesamt 1342 Fälle gemeldet wurden, im Folgejahr 11 520. Neukölln hatte „Ordnungsamt Online“ im November 2015 in Betrieb genommen und gehörte damit zu den ersten Bezirken. Friedrichshain- Kreuzberg stieg erst im Lauf des Jahres 2016 ein. Trotzdem erhöhte sich die Zahl der Meldungen von 484 auf 3362. Berlinweit gab es eine Steigerung von 7252 auf 25 787 Beschwerden, und das sind nur die Zahlen von acht Bezirken, nachzulesen in einer noch recht frischen parlamentarischen Anfrage der FDP, beantwortet vom Senat am 7. April. Laut BSR liegt die Menge des Sperrmülls über die Jahre ziemlich konstant bei 25 000 Kubikmetern.

Warum will die BSR keine Gratis-Touren, und was würde das kosten?

Das wilde Ablagern von Sperrmüll ist nicht erlaubt, und wer dabei erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen. Früher wurde auch in Berlin der Sperrmüll für den Bürger kostenlos abgeholt. Die CDU möchte dies angesichts des vielen wild gelagerten Abfalls wieder einführen. Ähnlich dem Prinzip Weihnachtsbaum würden dann feste Termine angekündigt, zu denen das sperrige Zeug abgeholt würde. Die BSR sieht das jedoch nicht als praktikabel an. „Damit würde man das Abstellen des Sperrmülls an der Straße faktisch legalisieren“, sagt Sprecherin Sabine Thümler, und man wisse dann auch nicht, ob nicht Gewerbetreibende ihre Sachen einfach dazustellen. Die derzeitige Situation ist aber auch teuer: Vier Millionen Euro kostet es jährlich, die illegalen Ablagerungen abzufahren, zuzüglich der Kosten etwa für Bauschutt oder Autowracks.

Werden Villengegenden tatsächlich häufiger gereinigt als Problemviertel?

Jede Straße ist einer Reinigungsklasse zugeordnet. Bis 2013 gab es vier Klassen, mittlerweile sind es sechs, weil stark frequentierte Gegenden wie der Ku’damm oder der Hermannplatz mehr als einmal täglich gereinigt werden müssen. Dass Villengegenden häufiger gesäubert werden als Problemviertel, sei Quatsch, sagt die BSR. Die Reinigungsklassen orientierten sich am Bedarf. Wo viele Menschen sind und vielleicht noch Geschäfte, Schulen, Kitas, da falle mehr Abfall an, und die BSR komme entsprechend öfter. Damit die Stadt aber wirklich sauberer werde, bedürfe es eines Dreiklangs, so Thümler: Zum einen müsse natürlich die BSR ihren Job ordentlich machen, zweitens müssten aber die Bürger auch ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie für den gemeinschaftlich genutzten öffentlichen Raum selbst eine Verantwortung tragen, und drittens müsse es eine wirksame Strafverfolgung geben, mit Strafen, die dann auch wehtun.

Auch die Vermüllung der Parks ist ein Problem. Woran mangelt es hier?

Vor allem an der Disziplin aller. Nach warmen und trockenen Wochenenden sind die Parks und Grünanlagen voller Müll, der zu 70 bis 80 Prozent aus Verpackungen besteht. Wären diese sauber getrennt, könnten die Grünflächenämter sie kostenfrei entsorgen. Da der Müll aber in der Regel mit benutzten Windeln, Essensresten oder Hundekot vermengt ist, ist das nicht möglich.

Lesenswert ist dazu eine aktuelle parlamentarische Anfrage der Linken, in der die Resignation der Bezirke spürbar ist: Neukölln berichtet etwa von der „bekannten Müllinkontinenz: dem Fallenlassen des Coffee-to-go-Bechers oder der Pizzaverpackung“, die dazu führten, dass Abfall nicht mehr nur das sei, was in den Müllbehältern lande.

Und Friedrichshain-Kreuzberg antwortet auf die Frage, ob es sinnvoll ist, auf Schildern zum Mitnehmen des eigenen Mülls aufzufordern: „Schilder mit der Aufschrift ,Nehmen Sie bitte Ihren Müll mit nach Hause‘ finden bei uns keine Verwendung, da sie in der Regel nach wenigen Tagen nicht mehr lesbar oder nicht mehr vorhanden wären.“

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