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Flure, Wände, Treppen: ein Ausschnitt aus dem aktuellen Plan.

© Tsp

2000 Tage BER-Nichteröffnung: So sieht das "Monster" Brandschutzplan aus

Vor fünf Jahren wurde die Flughafen-Eröffnung gecancelt - wegen der nicht funktionierenden Entrauchungsanlage. Jetzt geht es schon um den "Masterplan 2040".

Die nächste Vision, die nächste Strategie ist bereits fertig. Dabei hapert es meist bei der Umsetzung - und kostet jeden Tag mehr. Eine Innenansicht.

Beim Brandschutz schlägt die Stunde der Wahrheit

Der frühere Flughafenchef Rainer Schwarz hat sie einmal das „Monster“ genannt: Die Entrauchungsanlage. Die ist aber nur eins von vielen Problemen. Das Fluggastterminal (FGT) mit seinen rund 4500 Räumen ist ein kompliziertes Gebäude. Es wurde schwer beherrschbar durch den Pfusch beim Bauen, die Fehl- und Umplanungen. So wurde vor 2012 nachträglich eine zusätzliche Etage in das FGT hineingequetscht, ohne aber gleichzeitig Sprinkleranlage und andere Systeme nachzurüsten.

Die Stunde der Wahrheit, ob es eine Freigabe gibt, schlägt beim Brandschutz. Die Behörden sind dort seit dem Düsseldorfer Flughafenbrand mit vielen Toten wachsamer. Und auch für den BER muss umfassend die Einhaltung detaillierter Brandschutzstandards nachgewiesen werden, die mit den 5. und 6. Nachträgen zur BER-Baugenehmigung nachgebessert, beantragt und mittlerweile genehmigt sind.

Die untenstehende Grafik zeigt das „visualisierte“ Brandschutzsystem im künftigen Flughafenterminal aus dem 6. Nachtrag vom Oktober 2016. Dort ist alles genau festgelegt, zum Beispiel die verschiedenen Rauchabschnitte, wo Brandwände verschiedener Kategorien verlaufen (lila, gelb, rot), wo Rauchschutztüren unterschiedlicher Stärken eingebaut werden müssen. Das Konzept regelt Rettungswege und Fluchttunnel, aber auch die Hauptangriffswege für die Feuerwehr.

Die Grafik zeigt das Brandschutzsystem im künftigen Terminal - mit Rauchabschnitten mit Brandwänden und Türen sowie Wege für Flucht und Retter.
Die Grafik zeigt das Brandschutzsystem im künftigen Terminal - mit Rauchabschnitten mit Brandwänden und Türen sowie Wege für Flucht und Retter.

© Tsp

Wenn es im Terminal brennt, muss alles funktionieren: Brandmeldung, Sicherheitsstromversorgung, Sprinkleranlage – und zwar alles im Zusammenspiel, programmiert für alle erdenklichen Szenarien. Vorgeschrieben ist, dass es im Brandfall die Entrauchungsanlage vollautomatisch schaffen muss, 15 Minuten eine rauchfreie Schicht in Höhe von 2,15 Metern zu sichern.

Als 2012 nach einem Veto der Baubehörde die Eröffnung abgesagt wurde, weil der BER damals noch eine Baustelle war, funktionierte das nicht. Die Verantwortlichen hatten eine „Mensch-Maschine-Lösung“ als vorübergehenden Ersatz geplant, mit hunderten Hilfskräften, die im Feuerfall die Türen öffnen sollten.

Die Kapazität ist zu gering - der Ausbau schon in Planung

Vor zwei Tagen hat Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup zu einem ungewöhnlichen Vor-Ort-Termin geladen. Oben im neuen Tower, seit März 2012 in Betrieb, mit Panoramablick auf das immer noch nicht eröffnungsreife Terminal, präsentierte Lütke Daldrup zwar keinen Starttermin, sprach vom Jahr „zwanzig-x“, dafür aber umso ausführlicher und mit Verve den fertigen „Masterplan BER 2040“, mit vielen Simulationen. „Wenn Sie das Glück haben, in 25 Jahren mit einem Helikopter über den Flughafen zu fliegen, könnte es in der Abenddämmerung so aussehen.“

Zunächst einmal ist das neue BER-Terminal zu klein. Dort können, wenn es fertig ist, 22 Millionen Passagiere abgefertigt werden, nicht mehr als in Tegel. „Wir haben eine Vision, Strategie, ein Leitbild für den Flughafen der Zukunft entwickelt“, sagte Lütke Daldrup. „Wir wollen ein Signal aussenden: Berlin steht bereit. Damit soll ein Stück Vertrauen zurückgewonnen, Verlässlichkeit gesichert werden.“

Masterplaner 2040: Weil die BER-Kapazität schon jetzt zu klein wäre, bereitet Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup bereits den Ausbau vor.
Masterplaner 2040: Weil die BER-Kapazität zu klein wäre, bereitet Flughafenchef Lütke Daldrup bereits den Ausbau vor.

© Patrick Pleul/dpa

Bis 2040 sollen am BER, durch diverse neue Abfertigungsgebäude in der Mitte zwischen den beiden Startbahnen nahe dem Hauptterminal, 55 Millionen Passagiere abgefertigt werden können. Dafür sollen bis 2030 ein neues Billigterminal (T1E), eine Verlängerung des Nordpiers, ein Gebäude auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem BER gebaut werden. Und später soll der noch immer geplante Satellit am BER dazukommen, allerdings verbunden durch eine Mall mit dem jetzigen BER-Terminal. „Da wird die Krawatte gekauft oder der Cappuccino getrunken. Was auch immer.“

Und die Wege, so versicherte Lütke Daldrup, werden vergleichbar mit anderen europäischen Großflughäfen sein, nicht wie in Frankfurt am Main, wo man schon mal 2,4 Kilometer zu Fuß unterwegs ist. Und nach der BER-Eröffnung soll die Airport-City entwickelt werden: Eine Hochbahn führt dort zu Büros, Hotels, Geschäften und Kongressgebäuden – mit am Ende 55.000 Jobs rund um den BER. 21.000 sind es in Tegel und Schönefeld heute.

Die Kosten steigen immer weiter

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat bisher jedwede Überlegungen kategorisch abgelehnt, am BER private Anteilseigner ins Boot zu holen. Das hatte die Flughafengesellschaft 2015/2016 durchgespielt, als Variante, um nötiges Geld zu beschaffen. Die öffentliche Hand, so Müller, wolle schließlich wenige Jahre nach der Eröffnung mit dem Flughafen endlich selbst verdienen, Darlehen zurückerhalten.

Einig sind sich Berlin, Brandenburg und der Bund bisher auch, dass keine öffentlichen Gelder mehr bewilligt werden. Doch nun steuert die Flughafengesellschaft der drei öffentlichen Eigner auf neue Finanzlücken zu. Monat für Monat, in dem der BER nicht eröffnet wird, werden Stillstandskosten für die Baustelle von rund 13 Millionen Euro fällig.

Rund 2,5 Milliarden Euro sollte der neue Airport einmal kosten, vorsorglich 3,3 Milliarden Euro wurden bewilligt, die 2012/2013 ausgegeben waren. Inzwischen sind mit Finanzspritzen seit der geplatzten Eröffnung vor fünf Jahren – erst 1,2 Milliarden Euro, direkt von den BER-Eignern überwiesen, weitere 2,2 Milliarden Euro als öffentliche Gesellschafterdarlehen und öffentlich verbürgte Kredite – 6,6 Milliarden Euro bewilligt. Allerdings waren die noch so kalkuliert, dass der BER bis Mitte 2018 in Betrieb geht. Und auch der Businessplan – der EU im Notifizierungsverfahren vorgelegt – ging davon aus, dass der BER dann selbst Geld erwirtschaftet. Das wird er nicht. Stattdessen fallen bis 2020, mindestens bis dahin, monatlich neue Millionenausgaben an.

Auch das Ausbauprogramm „Masterplan BER 2040“ ist – mit Ausnahme des neuen Billigterminals neben dem BER-Nordpier – nicht finanziert. Zwar konnte Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster jetzt verkünden, dass die Ratingagentur Moodys die Flughafengesellschaft weiterhin unter „A1“ einstuft, eine Top-Bewertung, sicher für Investoren, allerdings wegen der staatlichen Eigentümer. Wenn der BER eröffnet, wird die FBB die alten und neuen Milliardenkredite bedienen müssen. Wie die Erweiterungen bezahlt werden, mit 2,3 Milliarden Euro kalkuliert, ist völlig unklar.

95 Millionen für einen Auftrag: Wie Siemens am BER-Desaster verdient, lesen Sie hier.

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