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Maritimer Job. Vereins-Geschäftsführer Frank Butzmann vor der Kulisse des Seglerhauses am Wannsee.

© Thilo Rückeis

150 Jahre Verein Seglerhaus am Wannsee: Klar Schiff zum Jubiläum

Lustsegler und Superskipper: Der Berliner "Verein Seglerhaus am Wannsee" wird 150 Jahre alt. Zu Besuch in einem der schönsten Clubhäuser Europas.

Die Seglerfreuden anno dazumal begannen mit einer Tonne Bier. Gemeint war damit ein Fass, etwa so groß wie eine Seetonne. Wer im 1867 gegründeten „Verein der Segler der Unterhavel“ Mitglied werden wollte, musste zum Einstieg entsprechende Mengen des berauschenden Getränks herbeischaffen. So bestimmte es die Satzung. Natürlich waren auch nautische Kenntnisse nachzuweisen sowie Geschick beim Aufziehen der Notflagge. Letzteres aber nicht nur bei Gefahr, sondern auch „wenn ein Mangel an geistigen Getränken meuterische Anwandlungen begünstigen“ sollte, wie ein Chronist einst vermerkte. Es ging den ersten 14 Aktivisten in den Kinderjahren ihrer Leidenschaft wohl eher ums Lustsegeln, nicht um Spitzenleistungen.

Schon Hofmaler Anton von Werner schwärmte vom Wannsee

1881 gab sich die noch junge Vereinigung der Havel-Skipper einen neuen Namen, hieß fortan: „Verein Seglerhaus am Wannsee“ (VSaW). Und am Sonnabend feiern die Segel-Enthusiasten nun Jubiläum: Seit 150 Jahren sind sie in ihrem Heimatrevier hart am Wind. Es ist „eine der schönsten Perlen der Mark ... mit meist südlich blauen Wasserflächen“, schwärmte bereits in den Anfangsjahren des Vereins der wilhelminische Hofmaler Anton von Werner.

Fachwerk-Schmuckkasten. Das Jugendhaus des Vereines. Es entstand schon im späten 19. Jahrhundert, also vor dem Bau des 1910 eröffneten großen Clubhauses.
Fachwerk-Schmuckkasten. Das Jugendhaus des Vereines. Es entstand schon im späten 19. Jahrhundert, also vor dem Bau des 1910 eröffneten großen Clubhauses.

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So richtig mediterran soll das Wetter am Samstag zwar nicht werden, aber ansonsten ist ab 12 Uhr alles bestens vorbereitet mit geistigen Getränken wie in den Tagen der Gründungsväter und mit Musik von André Hermelins Swing-Dance-Band. Am frühen Nachmittag starten historische Jachten aus den Zwanzigern sowie aus späteren Jahrzehnten zusammen mit modernen Booten zur Jubiläums-Regatta „20tes trifft 21tes Jahrhundert“ – und am Abend leuchtet ein Musikfeuerwerk überm Wannsee. Eingeladen sind Mitglieder, Freunde und Gäste des Vereins.

Herrschaftlich. Blick ins Restaurant des Clubhauses. An der Wand ein Gemälde des Malers Hans Bohrdt von 1902: "Zwei Yachten im Sonnenuntergang"
Herrschaftlich. Blick ins Restaurant des Clubhauses. An der Wand ein Gemälde des Malers Hans Bohrdt von 1902: "Zwei Yachten im Sonnenuntergang"

© Thilo Rückeis

Wer auf der Uferstraße Am Großen Wannsee entlang spaziert, sieht das stattliche Gebäude im englischen Landhausstil mit der Nummer 22-26 schon von Weitem: Erker, Loggien, Gauben, Giebel und ein Mix aus Klinker, hellem Putz und Fachwerk über dem Sandsteinsockel prägen seine Eleganz, so dass es zu den schönsten Clubhäusern Europas gehört. Ende 1909 war das Seglerhaus am Wannsee nach Entwürfen des Architekten Otto Berlich im Rohbau fertiggestellt. Zuvor nutzte der Verein auf seinem 10 000 Quadratmeter großen Gelände zwei kleinere, aber gleichfalls liebevoll mit Fachwerk geschmückte Clubbauten. Sie dienen heute als Jugendhaus sowie als Werft. Zwei Bootsbauer machen dort die Jollen und Jachten der Mitglieder wieder fit.

Wie im Rittersaal: der Festsaal des Clubhauses.
Wie im Rittersaal: der Festsaal des Clubhauses.

© Thilo Rückeis

„Jetzt aber willkommen in unserem prächtigsten Domizil“, sagt Frank Butzmann (58), Geschäftsführer des Vereins und, na klar, ein passionierter Segler. 1996 nahm er in der Starboot-Klasse an den Olympischen Spielen in den USA teil. Überhaupt, bevor Butzmann zum Haupteingang führt, hat er etliche Superlative parat: Mit rund 1000 Mitgliedern ist seine Vereinigung der größte und zugleich älteste Berliner Seglerverein sowie einer der mitgliederstärksten deutschen Segelclubs. Schon seit dem frühen 20. Jahrhundert ersegelten die VSaW-Jachten nationale und internationale Siege, 1936 und 1964 sogar olympische Goldmedaillen. Und der Erfolg hält an: „Bei allen Olympiawettkämpfen der vergangenen Jahrzehnte waren Segler von uns dabei“, sagt Butzmann. Außerdem organisiert der Club eigene Regatten und gehört zu den Veranstaltern der Kieler Woche.

Herrliches Panorama: Blick von der großen Aussichtsterrasse.
Herrliches Panorama: Blick von der großen Aussichtsterrasse.

© Thilo Rückeis

Im Wannsee schwappt zwar nur Süßwasser, doch man fühlt sich wie in einem gediegenen britischen Seefahrer-Club, wenn man durchs Hauptportal mit den in Stein gehauene Froschmäulern schreitet und dann vorbei am Spiegel mit dem roten Magnolienstrauß die Salontreppe zum Restaurant und zur Bar emporsteigt. Auch dort ein solides geschichtsträchtiges Ambiente. Gerade so, wie es schon die Künstler und Großbürger liebten, die sich in den ersten Jahren des Vereins in der benachbarten Wannsee-Colonie Alsen niederließen. Etlichen kam der Club gerade recht: Direkt vor der Haustür warfen sie die Leinen los, ein Vergnügen, das sich damals nur Begüterte leisten konnten. Schwärmereien für die kaiserliche Marine gehörten meist auch dazu. Erst 1891 gab es den ersten Arbeiter-Segelclub an der Oberspree.

Tradition am Steg. Die „Royal Louise“, der originalgetreue Nachbau einer britischen Miniaturfregatte von 1832.
Tradition am Steg. Die „Royal Louise“, der originalgetreue Nachbau einer britischen Miniaturfregatte von 1832.

© Thilo Rückeis

Doch bleiben wir an der Bar mit den roten Hockern, wo vermutlich der Spruch gilt: Fünf Segler, sechs Meinungen. Drumherum Schiffsmodelle in Vitrinen, der Viermaster „Potosi“ in rauer See in Öl gemalt. Richtung Norden ein phantastischer Blick durch die Glasfront zum Wannsee. Und gleich nebenan der zum Jubiläum eingedeckte herrschaftliche Festsaal, könnte auch ein Rittersaal sein. Von dort geht’s hinaus auf die Aussichtsterrasse und hinab zu den Stegen mit 250 Liegeplätzen, wo der Wind unablässig in den Wanten klimpert. Ganz vorn an einem Steg liegt die „Royal Louise“, die originalgetreue Rekonstruktion einer britischen Miniaturfregatte von 1832. Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. hatte sie einst als Geschenk erhalten. Und neben dem Minisegler schaukelt „Lieselotte“, das Regatta-Begleitschiff des Vereins, eine alte Hamburger Hafenbarkasse.

In den Steinsockel gemeißelt: Die Namen der neun Segelboote des Vereines, die schon vor 1910 erfolgreich an Regatten teilnahmen.
In den Steinsockel gemeißelt: Die Namen der neun Segelboote des Vereines, die schon vor 1910 erfolgreich an Regatten teilnahmen.

© Thilo Rückeis

Zurück zum Seglerhaus. Seesterne, Seepferdchen und anderes Meeresgetier zeichnen sich als Ornamente auf dem Putz ab, ein maritimes Bilderbuch. Dazwischen neun Bootsnamen, von „Susanne“ bis „Marie“. So hießen die ersten, schon vor 1910 erfolgreichen Jachten des Vereins.

"Es artet jeder Wassersport/Zumeist in Liebe aus", reimte Mascha Kaléko

Dass die Skipper ihren Treff derart schmückten, zeugt vom geselligen Anspruch des Vereins, dem auch der Weinkeller diente. „Es artet jeder Wassersport/zumeist in Liebe aus“, brachte die Berliner Dichterin Mascha Kaléko dies später auf den Punkt. Und ein Club-Logbuch von 1880 schildert es so: „Zwischen Gänsebraten und Kalbskeulen lagerten in anmutigen Gruppen die Schönen des Wannsees, den segelkundigen Männern das Mahl bereitend, während die rauhen Seglerkehlen sich müheten,(...) den Boden der Fässer zu ergründen.“

Mehr Infos gibt's auf der Website des Seglervereines: www.vsaw.de.

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