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Das Luxuskaufhaus KaDeWe in Schöneberg.

© imago/Schöning

110 Jahre "Kaufhaus des Westens": Das KaDeWe erfindet sich neu - ein Rundgang

Das Kaufhaus feiert Geburtstag. Für Feinschmecker gibt es viel Neues in der legendären 6. Etage. Und bald kommt man sogar spät noch hinein.

Noch wird Geburtstag gefeiert. 110 Jahre – das ist für eine Berliner Institution wie das KaDeWe ja schon eine stolze Zahl. Wie eine Frau, die ein gewisses Alter erreicht, erfindet sich das große Kaufhaus am Wittenbergplatz gerade wieder neu, passend gewissermaßen zu Émile Zolas Romantitel „Au Bonheur des Dames“, der das Kaufhaus als Paradies der Damen schildert.

Wer kürzlich mal durch die schicke Herren-Designer-Abteilung spaziert ist, weiß freilich, dass sich das Glück schon längst nicht mehr auf die Damen beschränkt. Ganz bestimmt nicht in der Feinschmecker-Abteilung im 6. Stock, die nicht nur am Sonnabend ein kultiger Treffpunkt für Berliner und ihre Gäste ist. Auch unter neuer Regie werden die Berliner Wurzeln sehr gepflegt, das wissen auch oder gerade die Kunden zu schätzen, die nicht aus Berlin kommen, also etwa 40 Prozent derer, die durchs Haus streifen.

Kulinarischer Hot-Spot Berlins

Bei Sawade können sie neuerdings traditionelle Berliner Pralinen erwerben in schönen Schachteln auf denen „Berlin“ sogar mit Goldschriftzug prangt. Ganz in der Nähe ist mit „Just a Bite“ ein Stand eingezogen, der auch die Einheimischen zum Naschen verführt. Pittoreske Minicupcakes machen auch den kalorienbewussten Kundinnen der internationalen Designer-Abteilung Mut, mehr als eines zu probieren. Für die Kunden, die ihre Kleidung noch in der Kinderabteilung finden, müsste „Knalle Popcorn“ eine echte Attraktion sein. Das Gourmet-Popcorn kam gerade auch bei der Food Week groß raus.

Wer kulinarisch auf der Höhe der Zeit sein will, muss sich nicht gleich bis raus nach Neukölln trauen, um angesagte Hipster-Hits zu speisen. Das „Industry Standard“ hat inzwischen ebenfalls eine Dependance in der 6. Etage, wo man für den kleinen Hunger zwischendurch schnell mal ein Samtsüppchen aus Topinambur essen kann.

Und auch das „Pignut“, das zuerst die Stammgäste der Arminius-Markthalle in Moabit schätzten, ist dort vertreten mit Pulled Pork, gekochten Erdnüssen mit Jalapeños oder dem berühmten schokoladigen „Mississippi Mud“. Stammgäste aus dem alten Westen treffen an der Pasta Bar auf Vertrautes, die wird nämlich vom Edel-Italiener „Ovest“ betrieben.

Dezent verjüngt hat sich der Ur-Berliner Stand „Hackepeter“. Dort werden heute fluffige „New Burger“ aus allerbestem Fleisch in Brioche-Brötchen serviert. „Sumosan“ hingegen dürfte vor allem den Vielfliegern bekannt vorkommen. Solche Sushi findet man nämlich auch in Dubai, London und Moskau.

Sonntagsbrunch zum Geburtstag

Rund 2.000 Gäste haben sich schon zum Geburtstagsbrunch am Sonntag, den 22. Oktober, angemeldet, für den es allerdings nur noch ein paar Restplätze gibt. Für 55 Euro kann man auch an den neuen Restaurantständen probieren. Wer den Brunch verpasst, kann noch mal am 5. November an den Feierlichkeiten partizipieren. Da gibt es nämlich 11 Prozent Geburtstagsrabatt.

Im Januar wird's dann wieder ernst, denn dann gehen die Umbauarbeiten unter der Regie von Star-Architekt Rem Koolhaas weiter. Ziel ist es, das Haus übersichtlicher zu machen. In der Nähe des Eingangs wird eine spektakuläre Spiralrolltreppe eingebaut, was nicht ganz so staubig abgehen muss, wie es klingt, weil die offenen Lichthöfe sich ja durch alle Etagen ziehen.

2018 beginnen die Arbeiten für die spektakulären Spiralrolltreppen.
2018 beginnen die Arbeiten für die spektakulären Spiralrolltreppen.

© Simulation: promo

Mit dem neuen Jahr beginnt dann auch die Umgestaltung der Feinschmeckeretage. Wovon, wie die Marketing-Direktorin der KaDeWe Group, Petra Fladenhofer, verspricht, die Kunden aber nicht allzu viel merken werden. Betroffen ist der Quadrant, in dem sich zum Beispiel die Obstabteilung befindet, der Champagner-Stand und der Publikumsliebling „Kartoffelacker“. Das Angebot bleibt erhalten, temporär muss man hier nur etwas zusammenrücken, beziehungsweise werden Angebote verlagert.

Auch nachts soll gespeist werden können

Beim Rundgang öffnet Fladenhofer auch eine unscheinbare Tür, die zu weiß gekachelten Lagerräumen führt. Hier entstehen zwei Restaurants, die auch abends, also nach Ladenschluss, geöffnet haben werden. Dafür soll ein Außenaufzug gebaut werden. Zwei bekannte Berliner Köche werden sie bespielen. Welche es sein werden, ist aber noch ein Geheimnis. Nur den angepeilten Eröffnungstermin gibt sie schon preis: Schon im nächsten Herbst, wenn das KaDeWe 111 Jahre alt wird, sollen hier die Gläser klirren.

Dann wird man auch im Erdgeschoss Veränderungen erkennen, zum Beispiel beim Blick auf die Achse der Luxusgeschäfte. Auch die nun schon länger währende Handtaschen-Präsentation im Atrium ist nur temporär. Im unmittelbaren Eingangsbereich wird es auch wieder andere Angebote geben.

Trendsetter seit 110 Jahren

Schon als das Haus 1907 erstmals die Tore öffnete, war es ein Spiegelbild aktueller Trends. Diese Tradition will man fortsetzen. Dazu gehört in Zeiten des Online-Shoppings die sinnliche Inszenierung des Einkaufserlebnisses und natürlich die Gestaltung des Kaufhauses als Lifestyle-Treffpunkt, an dem sich alle Generationen und Geschlechter wohlfühlen und austauschen können – vor oder nach der Jagd auf die Objekte ihrer Begierde.

Der Weg seit der Blütezeit des „Erfrischungsraums“ war lang und wird hier zukunftsverliebter zelebriert als anderswo. Globalisierung und digitale Revolution haben dazu geführt, dass sich das größte Kaufhaus auf dem Kontinent neu präsentieren muss.

Die Tauentzienstraße um 1935. Äußerlich aht sich seit der Eröffnung 1907 gar nicht viel verändert.
Die Tauentzienstraße um 1935. Äußerlich aht sich seit der Eröffnung 1907 gar nicht viel verändert.

© imago/Arkivi

„Wir müssen einfach übersichtlicher werden“, sagt Petra Fladenhofer. Alte Stammkunden, wissen zwar, was sie wo finden. Aber die immer neuen, oft gut betuchten Besucher, die in die Stadt strömen, sollen ja auch ein schönes Shopping-Erlebnis bekommen. Dazu gehört übrigens auch im Erdgeschoss, dass man für Berlin typische Souvenirs der edleren Sorte bekommen kann.

Petra Fladenhofer ist jedenfalls ganz stolz darauf, dass ihr Haus zuerst die Düfte der einheimischen Manufaktur „Frau Tonis Parfüm“ im Programm hatte. Neben internationalen Neuheiten wie „Codage“ oder „The Browery“ sind in der Beauty-Abteilung auch angesagte vegane Naturkosmetik-Produkte der Berliner „Leo und Pincky“ zu finden.

Das Haus ist ständig im Wandel

Langjährige Stammkunden müssen sich also immer mal wieder umgewöhnen, aber dafür sind sie auch gestählt, was Bauarbeiten betrifft. Zwischen 1991 und 1996 wurde das Haus um eine Etage aufgestockt, direkt über der Feinschmeckeretage, die seit der Eröffnung 1956 auch eine Touristen-Attraktion ist.

Die letzte Erweiterung fand übrigens statt, kurz nachdem das Haus den größten Andrang in seiner Geschichte erlebt hat. Als die Mauer fiel, drängte es viele DDR-Bewohner hierher, weil gerade dieses Haus in jenen Jahren wohl auch den Mythos und den Wohlstand des freien Westens symbolisierte.

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