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Beratung: Wie man sich bettet

Ein Drittel des Lebens verbringt der Mensch im Bett. Ob man dort aber auch gut liegt, hängt vor allem von der Wahl der Matratze ab. Was beim Kauf zu beachten ist und welche Fehler man machen kann, erklärt Bernd Kladny, Chefarzt der Orthopädie der Fachklinik Herzogenaurach in Bayern.

MATRATZENTYP
Federkern, Kaltschaum, Boxspring, Viskoschaum, Latex: die Auswahl an Matratzentypen ist groß. Aber welcher ist gut für einen gesunden, schmerzfreien Rücken? »Wenn es so einen gäbe, dann hätte es die Werbeindustrie sicher schon längst herausgeschrien«, sagt Chefarzt Bernd Kladny. Dass sie das bisher nicht getan hat, sei ein Beweis dafür, dass es die eine am besten geeignete Matratze nicht gebe. Der Mensch sei von Körperbau, Gewicht, Größe oder Wärmebedürfnis her zu unterschiedlich für die genormte Welt der Matratzen. »Bequem liegen ist für jeden Menschen anders.« Und so findet man die beste Matratze nur durch Ausprobieren. Dabei nach bestimmten Kriterien eine Vorauswahl zu treffen, das sei jedoch nötig und auch möglich. Ein Kriterium könnte die Frage der Durchlüftung sein, etwa für Menschen, die nachts stark schwitzen. Luftige Bauweisen, wie bei Federkernmatratzen, ermöglichen eine bessere Lüftung als Schaumstoffmatratzen, die aus einem Block geschnitten sind. Und wer gerne in kalten Räumen schläft, sollte auf Viskoschaummatratzen verzichten. Deren Vorteil, dass sie sich durch die Wärme an die Körperform anschmiegen, verkehrt sich dann ins Gegenteil, weil sich diese bei niedrigen Umgebungstemperaturen nur zögerlich dem Körper anpassen. Wer sich viel in der Nacht bewegt, wird dann vielleicht jedes Mal wach, wenn die Matratze ungewohnten Widerstand leistet. Menschen, die es gern kuschelig haben, können Kaltschaummatrazen in die engere Wahl nehmen, denn diese halten die Wärme besser als Federkernmatratzen. Latexmatratzen wiederum sind schwer, wiegen nach Messungen der Stiftung Warentest zum Teil über 30 Kilogramm, was auch schon zu einem verhobenen Rücken führen kann.

LIEGEZONEN
Im Verlauf des Tages schrumpft der Mensch um zwei bis drei Zentimeter, weil die Bandscheiben in aufrechter Position Flüssigkeit verlieren. Im Schlaf »wächst« man dagegen, weil sich die Bandscheiben wieder auffüllen. »Der Mensch muss in seiner natürlichen Form liegen können, damit das unbehindert geschehen kann«, sagt Bernd Kladny. Aber was heißt »natürlich«? Orthopädisch optimal ist eine Schlafposition, bei dem in Rückenlage die Wirbelsäule ihre typische Doppel-S-Form beibehalten kann, Schultern und Steißbein also tiefer einsinken. Schläft man auf der Seite, soll das Rückgrat vom Hals bis zum Steißbein eine gerade Linie bilden. Matratzen mit mehreren unterschiedlich harten Liegezonen sollen genau das ermöglichen. Doch auch bei Werbeversprechen wie »Sieben-Zonen-Matratze« müsse der Verbraucher genau hinschauen, meint Kladny: »Menschen sind unterschiedlich groß, dementsprechend passen die harten und weichen Zonen nicht immer zur richtigen Körperstelle.« Außerdem sind die Unterschiede der Zonen in der Praxis sowieso kaum spürbar, hat die Stiftung Warentest festgestellt.

HÄRTEGRADE
Die Zeiten, als Orthopäden möglichst harte Matratzen propagierten, seien vorbei, sagt Bernd Kladny. Generell sollte man Härtegrade, obwohl fast jeder Hersteller solche angibt, bei der Kaufentscheidung mit Vorsicht behandeln. Es gibt nämlich keine allgemeinverbindlichen Normen. Im Prinzip definiert jeder Produzent die Härtegrade seiner Matratzen selbst. Dadurch sind die Angaben bei verschiedenen Herstellern kaum vergleichbar. Was hier als »hart« gilt, ist anderswo vielleicht gerade mal »mittelweich«. Oft wird auch ein Körpergewicht genannt, für das ein Härtegrad besonders geeignet sei. Doch das sei eigentlich unsinnig, sagt Kladny. Viel wichtiger als das Körpergewicht sei die Körpergröße, auf die sich die Kilogramm verteilen. »Für den Widerstand, den ein Matratzenmaterial dem Körper entgegensetzt, ist viel entscheidender, wie viel Gewicht pro Fläche einwirkt.«

LEBENSDAUER
Auch Matratzen verschleißen. Nach Jahren des allnächtlichen Gebrauchs verlieren sie langsam ihre stützenden Eigenschaften und oft bilden sich Schlafkuhlen. Matratzen sollten deshalb prinzipiell nach sieben bis zehn Jahren ausgetauscht werden, rät Kladny.

ZUBEHÖR
Eine Matratze macht noch kein Bett. Ebenso wichtig sind Lattenrost und Kissen. Und hierfür gelten ähnliche Regeln wie für die Matratzenauswahl: Das Angebot ist groß und die eine ideale Ausstattung gibt es nicht. »Das Kissen sollte wie die Matratze die gerade Linie der Wirbelsäule in der Seitenlage unterstützen«, sagt Bernd Kladny. Der Kopf sollte also idealerweise nicht abknicken - weder nach oben noch nach unten. Das Gleiche gilt für die Rückenlage. Hier sollte das Kissen den Nacken stützen und dem Hinterkopf Platz zum Einsinken lassen. Aus welchem Material das Kissen besteht - ob Daunen, Schaumstoff, Latex oder Kirschkerne -, sei Sache der Bequemlichkeit und des persönlichen Geschmacks. Die Wahl des Lattenrostes hängt von der Matratze ab: Federkernmatratzen sind oft auf feste Rahmen montiert, was sie für verstellbare Lattenroste weniger geeignet macht - im Gegensatz zu Schaum und Latex, die flexibel sind. Und wer sich für eine Schaumstoffmatratze entschieden hat, sollte einen federnden Lattenrost bevorzugen, der punkteleastischer stützt.

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