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Skyline Frankfurt

© dpa/Frank Rumpenhorst

Finanzmarkt Europa: Trennbanken-Idee vor dem Aus

Too big to fail: Nach der Bankenkrise galten unkontrollierbare Finanzinstitute als Gefahr. Heute aber sollen die Banken die EU-Wirtschaft retten und Regulierung scheint dabei nur hinderlich. Vorschläge auf EU-Ebene haben kaum noch Wirkungskraft.

Als 2008 die Lehman Brothers zusammenbrachen und eine weltweite Kettenreaktion auslösten, war die Angst vor einem europäischen Bankencrash groß. Die kurzfristige Reaktion der Politik: gefährdete und insolvente Institute retten und stützen, koste es, was es wolle. Zu groß sei die Ansteckungsgefahr, zu stark verknüpft die Banken untereinander. Die Folge? Insgesamt finanzieren europäische Steuerzahler die EU-Banken mit bisher rund 1,3 Billionen Euro. Mit dem Versuch, das Bankensystem stärker zu regulieren, tut sich die EU trotzdem bis heute schwer. Ein europäisches Trennbankengesetz wird aktuell bis zur Unkenntlichkeit abgeschwächt. Und das, obwohl es in Ländern wie Großbritannien und Deutschland bereits einige Vorarbeit gab.

Nach dem Ausbruch der Krise versprachen die EU- Staatschefs: Nie wieder dürften Banken aufgrund falsch gewichteter Risiken oder fauler Kreditgeschäfte eine ganze Wirtschaftsunion bedrohen. Einiges wurde inzwischen beschlossen: Eine europäische Aufsicht soll Banken genauer kontrollieren, Stresstests ein Bankrott-Risiko minimieren. Der sogenannte Abwicklungsmechanismus soll zudem helfen, insolvente Banken im Notfall geordnet in die Pleite zu führen.

Es gab aber noch ein zweites Versprechen. Einzelne Banken sollten aus Prinzip nicht mehr „too big to fail“ sein, also so groß und so wichtig, dass man sie quasi gar nicht pleitegehen lassen kann. Eine solche indirekte Staatsgarantie, argumentierten Befürworter der Neuregelung, verführe zum Zocken. Außerdem führe es indirekt dazu, dass diese Banken einen Wettbewerbsvorteil und bessere Konditionen als ihre kleinere Konkurrenten genössen. Diese „impliziten Zuschüsse“ schätzte die EU-Kommission bei den größten 30 EU-Banken für 2012 auf bis zu 80 Milliarden Euro. Das „systemische Risiko“ durch solche Institute, so die Forderung, müsse eingeschränkt werden. Der Lösungsvorschlag? Das sogenannte Trennbankensystem. In Reinform hieße das, dass Banken zukünftig riskante Investmentgeschäfte von den Spareinlagen der Kunden trennen und in ein extra Institut auslagern müssten. Dagegen gab es viel Protest von Banken- und Wirtschaftsverbänden, die um die globale Wettbewerbsfähigkeit fürchteten. Sie müssten bereits höhere Eigenkapitalquoten hinterlegen als vor der Krise und seien dadurch sicherer geworden.

Die vergangene EU-Kommission präsentierte im Januar 2014 einen Vorschlag. Schon da hatte sich die Stimmung gedreht. Standen zu Beginn der Krise noch die Gefahren durch einen unterregulierten Finanzmarkt im Zentrum der Debatte, verschob sich mit der Entwicklung hin zur Schulden- und Staatskrise auch die Diskussion. Um Investitionen zu ermöglichen und die Wirtschaft anzukurbeln, brauche man starke Banken, heißt es. Regulierung sei da kontraproduktiv. Dementsprechend schränkt der Kommissionsvorschlag die Methode bereits auf „weltweit systemrelevante“ Banken mit einer Bilanzsumme über 30 Milliarden ein, deren Handelstätigkeit zehn Prozent der Bilanzsumme übersteigt. Dies würde nur noch wenige Großbanken in Europa treffen. Für sie könnte die nationale Bankenaufsicht verfügen, welche der Handelstätigkeiten in ein getrenntes Institut auszulagern sind. Die Trennung würde also schon in diesem Vorschlag nicht mehr automatisch geschehen. Das aber geht vielen immer noch viel zu weit.

Der Kommissionsvorschlag liegt aktuell dem EU-Parlament vor. Ein Großteil der Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss, angeführt von den Konservativen, hält – egal unter welchen Umständen – nichts von einer verbindlichen Trennung, für die Sozialdemokraten, Grüne und Linke plädieren. Ein fraktionsübergreifender Kompromiss ist deshalb gerade gescheitert, die Abstimmung ist für den 26. Mai angesetzt. Im Rat kommt der größte Widerstand laut EU-Kreisen vonseiten der Franzosen, die ihre BNP Paribas schützen wollten. Damit könnte die europäische Regelung am Ende hinter die nationalen Regelungen wie zum Beispiel in Großbritannien, aber auch das Trennbankengesetz „light“ zurückfallen, mit dem Deutschland schon 2013 vorgeprescht war. „Bei der Debatte wird leider vergessen, dass es nicht um die Spaltung von Banken geht“, sagt Paulina Przewoska von Finance Watch, „sondern darum, zu verhindern, dass der Investmentteil vom Kundengeschäft querfinanziert wird. Damit Steuerzahler künftig nicht mehr für Verluste haften müssen.“

Dieser Text erschien in Agenda, dem Politikjournal des Tagesspiegels.

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